Haftung des Insolvenzverwalters

Haftung des Insolvenzverwalters - Haftung im Insolvenzverfahren ODSWie bereits berichtet, nehmen die Forderungen zu, eine stärkere Qualitätskontrolle für Insolvenzverwalter einzuführen. Hierzu gibt es eine Reihe von Rechtsanwälten, die Interessen von Gläubigern aber auch von Geschäftsführern bzw. Vorständen der betroffenen Unternehmen vertreten und seit diesem Jahr nach der Auftaktveranstaltung im September auch die Gläubigerschutzvereinigung Deutschland e.V. mit Prof. Dr. Hans Haarmeyer als Vorstandsvorsitzenden. Wie bereits hier im Law-Blog des öfteren berichtet, setzt sich Prof. Haarmeyer (selbst ehemals Insolvenzrichter) intensiv für die Interessenvertretung von Gläubigern ein und wendet sich gegen die verbreitete Praxis in Insolvenzverfahren, die oft nur einem Interesse dienen – dem Vergütungsinteresse der Verwalter.

Insolvenzverwalter kontrollieren

Auch bei konsequenter Durchsetzung von Haftungsansprüchen gegen Insolvenzverwalter wird sich – zumindest langfristig – die Qualität der Insolvenzverwaltung verbessern: Ich hatte hierzu bereits anlässlich einer Veranstaltung mit einem Insolvenzrichter vom Insolvenzgericht Hamburg berichtet, dass sich die Fälle der Insolvenzverwalterhaftung häufen: Es existieren hier umfangreiche, die Gläubigerinteressen wahrende Entscheidungen zu den Möglichkeiten, den Verwalter oder auch vorläufigen Insolvenzverwalter in Anspruch zu nehmen, wenn dieser etwa Zusagen (z. B. gegenüber Lieferanten) nicht einhält, Masseunzulänglichkeit anzeigt oder Ansprüche in Insolvenzverfahren nicht durchsetzt.
Die Beteiligten der Insolvenzverfahren – vor allem die betroffenen Gläubiger und die Geschäftsführung – sollten durch ein qualifiziertes Monitoring (Einsicht in die Verfahrensakten und Beurteilung der für Verwalter obligatorischen Berichterstattung der Verwalter und nicht zuletzt: Prüfung der Vergütungsanträge) dem Insolvenzverwalter in die Karten schauen.

Aber auch für Arbeitnehmer eines insolventen Unternehmens können sich Haftungsansprüche gegen den Insolvenzverwalter ergeben. Von einem Fall, in dem ein Insolvenzverwalter vor einem Arbeitsgericht auf Zahlung offener Lohnansprüche in Anspruch genommen wurde, berichten die Online-Ausgaben von Lübecker Nachrichten (www.LN-online.de) sowie die Ostsee-Zeitung.de:
Im Insolvenzverfahren eines CD-Werks in Dassow bei Schwerin habe das Arbeitsgericht in Schwerin nach den Berichten von Lübecker-Nachrichten und Ostee-Zeitung entschieden, dass der Insolvenzverwalter die letzten 100 Mitarbeiter des CD-Werks „zu spät nach Hause geschickt“ habe. Für die vier letzten Wochen habe es daher weder Lohn (keine ausreichende Insolvenzmasse) noch Arbeitslosengeld gegeben – ein Teil (rund 20) der 100 betroffenen Mitarbeiter haben den Verwalter persönlich in Anspruch genommen; nach den ersten Entscheidungen des Schweriner Arbeitsgerichts habe der betreffende Insolvenzverwalter laut Ostsee-Zeitung bereits (unter Vorbehalt) an Kläger Schadensersatz gezahlt.
Zentrale Frage ist hier, ob mit einem noch Ende 2008 an die betroffenen 100 Arbeitnehmer des CD-Werks übersandten Schreiben des Verwalters mit Darstellung, dass die Löhne für Januar 2009 wegen erwarteter Aufträge gesichert seien, der Haftungstatbestand begründet worden sei. Hintergrund ist die Frage, ob der Verwalter selbst mit weiteren Aufträgen hätte rechnen können, da Aufträge laut Ostee-Zeitung unter anderem deshalb scheiterten, weil die Produktion einer (dünneren als herkömmlichen) sog. EcoDisk wegen amerikanischer Lizenzen geschützt und daher ausgeschlossen war – dies hätte hiernach offenbar einem gegen ODS ergangenen Urteil entnommen werden können, das laut Berichten der Ostsee-Zeitung dem Insolvenzverwalter bekannt war.
Das Landesarbeitsgericht Rostock stellte jetzt jüngst in der Berufungsverhandlung fest, dass es auf eine Pflichtverletzung hindeute, wenn der EcoDisk-Auftrag tasächlich maßgeblich gewesen sein sollte; dies bestreitet jedoch der Verwalter und hierüber wird jetzt in dem Berufungsverfahren voraussichtlich im Januar 2011 entschieden.

Jüngst hat das höchste für Klagen der Arbeitnehmer zuständige Gericht, das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass es sich bei der Motivation der Arbeitnehmer dienenden Aussagen von Verwaltern gegenüber Arbeitnehmern um sog. Garantieerklärungen handeln kann – die Haftung jedoch für unbekannte Hindernisse, die der Fortführung des Betriebes entgegenstehen können, ausgeschlossen ist (BAG, Urteil v. 25.06.2009, 6 AZR 210/08).
Diese Wertungsgesichtspunkte wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben – die weiteren 80 Mitarbeiter, die noch nicht geklagt haben, warten gespannt auf das Urteil.

Update: 18. Januar 2011

Das Landesarbeitsgericht Rostock hat inzwischen die Berufung des betroffenen Insolvenzverwalters zurückgewiesen; damit haftet er persönlich und muss aus seinem Privatvermögen an die betreffenden Arbeitnehmer des insolventen ODS-Nachfolgeunternehmens in Dassow (Disc Technoloy Center GmbH – DTC) Schadensersatz zahlen.
Nach Berichten der Lübecker Nachrichten (www.LN-online.de) habe ein Großteil der rund 100 betroffenen Arbeitnehmer, die im Januar 2009 bei der DTC beschäftigt waren und einen Monat praktisch umsonst gearbeitet haben, Schadensersatzansprüche noch nicht geltend gemacht – damit ist jetzt nach dem Berufungsurteil zu rechnen.

Update 2: 7. Februar 2013

Mit Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 6. Senat) vom 15.11.2012, Aktenzeichen: 6 AZR 321/11 wurde der Revision eines Insolvenzverwalters in einem wie beschrieben gelagerten Fall stattgegeben:

Leitsatz:


Es besteht keine insolvenzspezifische Pflicht des Insolvenzverwalters, Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt von der Arbeitspflicht freizustellen, um den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen.

Damit wurden die Wertungsgesichtspunkte aus dem bereits zitierten BAG Urteil v. 25.06.2009, 6 AZR 210/08 fortgeführt und eine Ausuferung der Haftung von Insolvenzverwaltern  außerhalb von insolvenzspezifischen Pflichten (die Freistellung von Arbeitnehmern ist – so das BAG in seinem Urteil – keine) etwas eingedämmt.

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    Rechtsanwalt Oliver Gothe

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    2 Kommentare zu “Haftung des Insolvenzverwalters

    1. Martina Nowak
      says:

      Guten Tag,

      wir gehen davon aus, dass es aus Gründen der Objektivität ein weiteres update geben wird. Das BAG hat mit Urteil vom 15.11.2012 (6 AZR 321/11) der Revision des Insolvenzverwalters stattgegeben. Er haftet nicht persönlich.

      Mit freundlichen Grüßen

      Martina Nowak
      Rechtsanwältin

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